Viele Mamas legen Wert auf Nachhaltigkeit beim Einkaufen – dafür ist Baby- und Kinderkleidung geradezu prädestiniert, denn für die kurze Tragedauer muss man wirklich nichts neues kaufen. Dachte ich zumindest…
Ich liebe die Natur und bin eine große Tierfreundin, und deshalb spielt Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle in meinem Leben. Ich bin kein Superöko, aber versuche so gut es geht, mit meinem Lebensstil und Shoppingverhalten nicht auf Platz 1 der Klimawandel-Beschleuniger zu stehen. Und lange bevor ich Mama wurde, stand für mich fest: Die Kleinen tragen ihre Kleidung so kurz, Babykleidung neu kaufen ist finanziell gesehen totaler Unsinn, und was die Umwelt betrifft, sowieso!
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Neue Kleidung: Unmengen von Ressourcen und Chemie
Die Herstellung von Kleidung verschlingt Unmengen an Ressourcen, der hohe Wasserverbrauch beim Baumwollanbau führte unter anderem zum Austrocknen des ehemals gigantischen Aralsees! Außerdem werden beim Faseranbau und der Produktion massenweise Chemikalien eingesetzt, die schwer abbaubar sind. Und nun haben wir noch gar nicht über Lohndumping in Asien gesprochen… Als ich mit meiner Tochter schwanger war und mich an die Baby-Erstausstattung machte, war also klar: weder jetzt am Anfang noch später kaufe ich groß neue Babykleidung, ich bin doch nicht blöd.
Hehres ökologisches Ziel schnell verfehlt
Eineinhalb Jahre später: Ich bin vielleicht doch blöd. Beziehungsweise: Ich muss meine Einstellung revidieren. Mein Baby und ich spielen jetzt, was Babys Nachhaltigkeit betrifft, im soliden Mittelfeld. Nun weiß ich: da spielt noch so viel mehr rein, man kann diese Entscheidung (wie auch viele andere) vordem Mamasein nicht auf dem Reißbrett planen, vieles muss man erst erleben und erspüren.
Ich wurde überschüttet mit gebrauchter Babykleidung
Zurück zur Baby-Erstausstattung: Ich hatte mich gerade eingedeckt mit beachtlichen Bergen an gebrauchter Kleidung aus Familie und Bekanntenkreis (irgendwie wollte plötzlich jeder was loswerden, immer diese spürbare Erleichterung beim Überreichen von Tüten- und Säcken) und lud meine Mutter ein zum Sortieren. Ich war noch total ahnungslos, kannte mich nicht aus mit 50/56, Strampler, Body, langarm, kurzarm und co. Ich hatte bereits ratsuchend meine Freundin angerufen, mir notiert, was wirklich wichtig war und fing an beschilderte Häufchen zu bilden. Eigentlich war von allem genug da und so dachte ich, wenn das so weiter geht, ist das Kinderhaben ja nicht mal so teuer.
Emotionen versus Nachhaltigkeit?
Nun, ich hatte die Rechnung ohne die Welt der Emotionen gemacht – und ohne meine Mutter, die künftige Oma. Sie kam, die Teilchen flogen durchs Wohnzimmer, meine Häufchen wurden kleiner: Zu abgeranzt, das ist ja scheußlich, jenes vergilbt und überhaupt: von den Langarm-Bodies bräuchte man mehr. Kurz darauf kam sie mit einer großen Auswahl hochwertiger Wolle-Seide-Erstausstattung, schwindelerregend teuer. Kämpferisch hielt ich noch die Öko-und Spar-Fahne hoch und gab das meiste davon wieder zurück.
Die erste kleine Familien-Katastrophe
Kurz darauf hatte ich die erste kleine Familien-Katastrophe: Eine zutiefst gekränkte zukünftige Oma. Es war ihr erstes Mal, dass sie Großmutter werden würde, sagte sie, und sie wolle dieses frisch geborene kleine Wesen, das da komme, dieses Wunder auf Erden, nicht in abgetragene Lumpen wickeln, sondern in etwas ebenso wertvolles wie dieses magische Ereignis.
Lektion 1: Babykleidung ist (meistens) höchst emotional
Ich lernte meine erste Lektion: Nachhaltigkeit oder sonstige vernünftige Gründe sind schön und gut, aber Gefühle sind eben nicht vernünftig. Und eine Geburt ist für die ganze Familie eines der emotionalsten Ereignisse im ganzen Leben. Ich ging also in den Laden und kaufte das winzige moosgrüne Wolljäckchen und dies und das wieder zurück. Nun liegt es in der Schatztruhe, in der ich die besonderen Stücke meiner Kleinen aufbewahre.
Lektion 2: Flohmärkte sind (oft) hard work
Meine zweite Lektion folgte alsbald: Baby- und Kinder-Flohmärkte sind verdammt anstrengend. Es war ein Samstag im Herbst, der erste Gang zum Baby-Flohmarkt und die erste Herbst-Winter-Ausstattung für meine Tochter stand an. Meine Freundin hatte mich noch gewarnt, es werde voll, besser ohne Kind gehen, was ich tat. Meine Mutter und ich (dem Papa ist die Kleidung relativ gleich, Hauptsache kein rosa) also überpünktlich hin, wir wollten die tollsten und niedlichsten Sachen finden, vor allem diese sündhaft teuren Wolle-Seide-Bodies.
Weniger und gut ist oft mehr
Denn nachdem die Kleine aus der schlimmsten Phase (Babypech lässt grüßen) raus war, merkte ich, wie super angenehm diese Bodies anzuziehen waren und dass man von den guten Teilen nur ein paar wenige braucht und zufriedener ist. Aber: Nach nur zehn Minuten hatte ich die Nase voll von Flohmarkt, es war so überfüllt, laut und hektisch, dass ich mich wieder aus der Masse raus kämpfte, um Luft zu schnappen. Meine Ausbeute war überschaubar, eine rote Wollmütze. Was soll ich sagen? Danach gingen wir zu dm und in ein weiteres Geschäft und kauften in aller Ruhe, was uns anlachte. Ich gönnte mir zwei neue Wolle-Seide-Bodies, in der Hoffnung, sie selbst wieder verkaufen zu können.
Lektion 3: Mamikreisel ist gut, Kontrolle besser
Da ich aber weiterhin der Meinung war, Second-Hand ist sinnvoller als neu, begab ich mich ins Mami-Kreisel-Universum. Und versank. Tausende tolle Sachen! Ich kaufte zugegebenermaßen auch Sachen, die ich nicht wirklich brauchte. Ökologisch auch nicht so sinnvoll. Heute, einige Monate später, bin ich wieder aufgetaucht. Ich habe so viel Zeit auf der Plattform verbracht, dass ich mir mal ein Stopp verordnet hatte.
Wichtig für Mamas: Offline-Entspannung
Ich meine, als Mama hat man sowieso viel zu tun und wenig Zeit für sich selbst, für Entspannung, ein gutes Buch am Abend. Mittlerweile habe ich einen Mittelweg gefunden: Ab und an, wenn ich genau weiß, was ich brauche, suche ich es im Internet gebraucht. Denn klar, da gibt es einfach alles und zu wirklich super Preisen.
Manchmal finde ich was im Sozialkaufhaus
Auch der Kinder-Second-Hand-Laden um die Ecke war in meinem Fall schnell raus, da gab es einfach nicht die Sachen, die ich suchte oder mir gefallen. Aber in meiner Stadt gibt es ein paar Sozialkaufhäuser, in denen ich ab und an wirklich süße Teile finde, zum Beispiel diese knuffige hellgrüne Cord-Latzhose mit einem Bärchen drauf, ein Original aus den 70ern, für das ich schon viele „oh, wie süß!“ bekommen habe und das ich meinen Freundinnen weitergeben werde. Eine wirklich nachhaltige Latzhose also!
Nachhaltige Baby-Kleidung: Meine Quintessenz
Mittlerweile weiß ich: Es gibt ein paar Sachen, die darf bzw. muss man – natürlich nur gefühlt, jeder hat seine eigenen Kriterien – auch mal neu kaufen. Zum Beispiel der besonders hübsche Sonnenhut mit dem extralangen Nackenschutz oder Walkoverall in beere, der gebraucht fast so viel gekostet hätte wie neu. Oder der süße gelbe Cardigan, der mir schon im Februar so Lust auf Frühling gemacht hat. Manchmal ist man eben als Mama so voll mit Glücksgefühl und Hormonen, dass man in einen kleinen Kaufrausch verfällt. Oder man hatte so schlimme Nächte, dass man sich den kleinen süßen Terroristen schön kaufen muss.
Insgesamt sind wir jetzt bunt durchgemischt: wir haben sehr viele geschenkte und gebraucht gekaufte Sachen, aber auch ein paar „Neuerwerbungen“, die ich nicht bereue. Und wenn ich die danach weiterverkaufe, sind wir nachhaltigkeitsmäßig wieder im grünen Bereich.
Auch das mit dem Flohmarkt ist besser geworden: Ich gehe mit weniger Erwartungen hin, dann werde ich manchmal überrascht und komme stolz mit einer Trophäe nach Hause. Übrigens: Natürlich höre ich nicht auf Papas-rosa-Verbot! Meinem Mädchen steht es eben einfach. Genauso wie blau oder grün.